Die Lehre der Erwählung ist schon seit langem eine der umstrittensten Lehren unter Christen. Während einige klar für diese Lehre eintreten gibt es andere, die sie ablehnen und die Betonung auf den freien Willen des Menschen legen. Da viele das Konzept, dass Gott sich einige Menschen herausgesucht hat, die er durch den Glauben an Jesus rettet und andere dabei übergeht, als ungerecht empfinden, wird auch die Erwählungslehre häufig als falsche Lehre abgewiesen. Die Bibel selbst gibt uns jedoch Zeugnis, dass der Vater, die seinen schon vor Grundlegung der Welt erwählt hat, um „dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein“ (Römer 8:29). Im Epheserbrief drückt Paulus das wie folgt aus:
„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus, wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos vor ihm sind in Liebe, und uns vorherbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten.“
Epheser 1,3-6
Auch in Apostelgeschichte 13 finden wir diese Lehre wieder. Nachdem Paulus und Barnabas den Heiden in Antiochia das Evangelium predigten heißt es:
Als aber die <aus den> Nationen es hörten, freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn; und es glaubten, so viele zum ewigen Leben verordnet waren.
Apg 13,48
Weitere Stellen, die die Erwählungslehre untermauern, finden sich beispielsweise auch in Römer 8,28-30, Johannes 6,44 und Matthäus 22,14.
Erwählung und Vorwissen sind nicht das Gleiche
Einige Christen stimmen zwar dem Konzept zu, dass Gott Menschen zum Heil erwählt, verstehen jedoch die Erwählung nicht als eine Wahl Gottes, sondern als ein Vorwissen Gottes. Gott weiß also wer sich für ihn entscheiden wird und diese Menschen erwählt er im Voraus. Demnach ist das, was Gott bei seinem Erwählungsakt noch getan hat, lediglich die Entscheidung der Gläubigen zu bestätigen. Wenn man die Lehre der Erwählung so versteht, liegt jedoch der eigentliche Grund, warum Gott manche Menschen rettet und andere nicht, nicht bei Gott, sondern bei dem Menschen selbst. Die Frage, die sich hier allerdings stellt ist, ob der Mensch überhaupt die Freiheit bzw. die Möglichkeit hat, sich selbst für sein eigenes Heil zu „entscheiden“.
Das Menschenbild ist entscheidend
Der Humanismus lehrt uns, dass der Mensch im Grunde seines Herzens gut ist und über einen freien Willen verfügt. Die Bibel zeichnet jedoch ein anderes Bild des Menschen. In Johannes 8,34 bezeichnet Jesus den natürlichen, nicht wiedergeborenen Menschen als „Knecht der Sünde“. Ebenso beschreibt auch Paulus den Gläubigen vor der Bekehrung als seinen Begierden und Lüsten dienend:
Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, dienten mancherlei Begierden und Lüsten, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst, einander hassend.
Titus 3, 3
Da nun der Wille des Menschen seiner Natur unterliegt – das heißt ein Mensch kann nur im Rahmen der Möglichkeiten agieren, die ihm seine menschliche Natur lässt (er kann z.B. nicht ohne ein Hilfsmittel fliegen, auch wenn er das gerne möchte) – und diese Natur durch die Sünde zum Bösen versklavt ist, so ist er auch nicht fähig das Evangelium zu verstehen und das Gute, nämlich Jesus Christus, im Glauben zu wählen. Nur wenn Gott ihm die Augen für die Wahrheit des Evangeliums öffnet, kann er es verstehen und zu Christus kommen:
Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Es steht in den Propheten geschrieben: »Und sie werden alle von Gott gelehrt sein.« Jeder, der von dem Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir.
Johannes 6,44-45
So hängt es also allein von Gottes Gnade ab, ob der Mensch die Erlösung in Christus ergreifen kann. Während der natürliche Mensch, sich seiner Schuld nicht bewusst ist und die Erlösung in Christus verschmäht, ist nur der wiedergeborene Mensch in der Lage seine Sündhaftigkeit zu erkennen und bei Christus Rettung zu suchen.
Warum wählt Gott überhaupt?
Es stellt sich hier natürlich die Frage, warum Gott überhaupt wählt, da den meisten Menschen dieses Konzept unfair vorkommt. Die Bibel stellt allerdings klar, dass kein Mensch es verdient hat, gerettet zu werden:
Alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes
Römer 3,23
Wenn Gott also allein gerecht und nicht auch gnädig wäre, so würden alle verloren gehen. Jetzt hat er sich jedoch einzelne Menschen in seiner Gnade und Langmut herausgesucht, die er durch den Glauben retten will. Dabei ist Gott nicht unfair, wenn er nicht alle rettet. Gleichwie ein Bräutigam, der sich für eine Frau entschieden hat, bei seiner Wahl nicht ungerecht zu den anderen Frauen ist, die er nicht ausgewählt hat, so ist auch Gott nicht ungerecht bei der Wahl derer, die er in seiner Gnade beruft und rettet.
Erwählung schließt den Willen des Menschen nicht aus, sondern bezieht ihn mit ein.
Auch wenn die Lehre der Erwählung den Willen des Menschen nicht in den Vordergrund stellt, so übergeht sie diesen doch nicht. Die Bibel macht klar:
Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.
Römer 10,11
Das bedeutet, dass keiner, der sich an Christus wendet, abgewiesen wird, weil er nicht erwählt ist. Im Gegenteil, die welche zu Christus kommen und sich ihm anvertrauen, sind die Erwählten. So kann man die Erwählungslehre mit einer Tür vergleichen, auf deren Eingangsseite steht: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben“ (Matt. 11:28) und geht man durch diese Tür, liest man auf der Innenseite: „Auserwählt … vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1:4). Erst wenn man durch die Tür, die Christus ist, in das Reich Gottes hineingetreten ist, beginnt man zu begreifen, dass sich nicht der Mensch für Gott entschieden hat, sondern, dass sich Gott vor Grundlegung der Welt für den Menschen entschieden hat und ihn in seiner Gnade zu sich gezogen hat.
Welche Konsequenzen hat es, wenn wir die Lehre der Erwählung ablehnen?
Eine Ablehnung der Erwählungslehre führt zwangsläufig zu einer Minderung der Anbetung Gott des Vaters. Da der Vater „uns in [Christus] auserwählt hat vor Grundlegung der Welt“ (Epheser 1,4) und er für diese Tat gepriesen werden möchte, kann eine Anbetung, welche den Erwählungsakt des Vaters außer Acht lässt, nicht vollständig sein. Stattdessen raubt eine Ablehnung dieser Lehre Gott zwangsläufig die Ehre, indem der Fokus der Anbetung weg von dem erwählenden Handeln des Vaters, hin zu einer Entscheidung des Menschen gelenkt wird. Der Grund, warum Gott Menschen errettet liegt jedoch nicht im Menschen, sondern in Gott selbst. Die Erlösung des Menschen ist der Ausdruck Gottes überreicher Gnade, die den Menschen in Dankbarkeit und Anbetung seines Wesens führen soll. In Epheser 1,6 lesen wir, dass wir vorherbestimmt sind „zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten“. So hat Gott also bewusst den Weg der Errettung allein aus Gnade gewählt, damit wir uns nicht rühmen können und ihm allein die Ehre dafür geben. Dabei ist die Erwählung zum Heil das Werk des Vaters im Heilswirken Gottes und die Grundlage, auf der er uns den Glaube an seinen Sohn schenkt. Ihm allein sei die Ehre dafür!