Christus in 1. Samuel 17 – David und Goliath

Die Geschichte von David und Goliath hat wohl jeder schon einmal gehört. Sie gehört zu den beliebtesten Sonntagsschulgeschichten und ist auch als Predigtthema sehr beliebt, um uns David als ein Vorbild für mutiges Handeln vorzustellen. Ein bekannter Spruch fasst den Text wie folgt zusammen: „Manchmal stellt Gott einen Goliath in dein Leben, damit du den David in dir findest.“ Die Bibel zeichnet jedoch ein anderes Bild von uns Menschen. Sie zeigt klar auf, dass von uns nichts Gutes kommt und dass wir nicht den Mut in uns finden werden, um die „Goliaths“ unseres Lebens zu besiegen. Aus diesem Grund kann eine solche moralische Lesart der Geschichte von David und Goliath schnell frustrieren und den Leser eher zur Verzweiflung als zur Überwindung bringen. Viel besser ist es den Text in 1. Samuel 17 aus einer christuszentrierten Perspektive zu lesen und in ihm das Wirken Jesu durch David zu erkennen. Darum wollen wir uns im Folgenden bemühen und versuchen Jesus in dieser bekannten Sonntagsschulgeschichte zu entdecken.

Davids Kampf mit Goliath

Die Geschichte beginnt damit, dass sie den Konflikt zwischen Israel und seinen Feinden, den Philistern aufzeigt. Die Philister waren ein Volk, dass im verheißenen Land Kanaan lebte und Israel immer wieder in Bedrängnis brachte. Da es technologisch gesehen fortschrittlicher war als Israel (die Philister verfügten schon über Waffen aus Bronze und Eisen) war es in der Lage einige für den Handel wichtige Städte zu kontrollieren und Israel immer wieder militärisch herauszufordern. So führt uns der Text an den Rand der großen Schlacht in die Nähe von Socho. Das Tal von Socho verfügt über ein großes Plateau, dass es beiden Armeen ermöglichte, sich sichtbar gegenüber zu lagern und aus der Distanz zu beobachten.

Als nächstes stellt uns der Text Goliath den Vorkämpfer der Philister vor. Er wird als 6 Ellen und 1 Spanne hoch beschrieben. Eine Elle betrug ca. 45 cm und eine Spanne ca. 22 cm, was eine Körpergröße von 2,92 m ergibt. Er kam 40 Tage lang, jeden Morgen und Abend, aus dem Lager der Philister, um die Israeliten zu verhöhnen:

Wozu zieht ihr aus, um euch in Schlachtordnung aufzustellen? Bin ich nicht der Philister und ihr die Knechte Sauls? Bestimmt einen Mann von euch, dass er zu mir herabkommt! Wenn er mit mir zu kämpfen vermag und mich erschlägt, dann wollen wir eure Knechte sein. Wenn ich ihn aber überwinde und ihn erschlage, dann sollt ihr unsere Knechte sein und uns dienen.

1. Samuel 17,8-9

Die imposante Gestalt Goliaths und seine scheinbare Unbezwingbarkeit lösten in Israels König Saul, der selbst einen Kopf größer als alle anderen Israeliten war (1. Sam. 9,2), und seinen Männern große Furcht aus, sodass es niemand wagte mit ihm zu kämpfen.

Währenddessen sandte Isai, ein einfacher Landmann aus Israel, seinen Sohn David los, um nach seinen drei älteren Söhnen, die mit Saul in den Krieg gezogen waren, zu schauen und ihnen etwas Nahrung zu bringen. Dabei schien Davids Vater nicht sonderlich beeindruckt von der Tatsache gewesen zu sein, dass der junge David erst kürzlich von dem Propheten Samuel zum neuen König gesalbt wurde (1. Sam. 16,1-13). Stattdessen sah er in ihm weiterhin seinen jüngsten Sohn, der für das alltägliche Hüten der Schafe zuständig war, während seine älteren Brüder in den Krieg ziehen sollten.

Als David zu dem Heer Israels kam sah er wie Goliath aus dem Lager der Philister kam und die Israeliten beleidigte. Im Gegensatz zu seinen Brüdern zeigte David aber keine Angst, sondern erkundigte sich nach der Belohnung, die dem zuteilwerden sollte, der diesen „unbeschnittenen Philister“ erschlagen würde? Diese Frage von David zeigt seine Motivation: Er wusste, dass sich Gott zu seinem Volk stellen und ihm den Sieg über seine Feinde schenken würde, wenn sie ihm vertrauen würden. Etwa 400 Jahre zuvor hatten Kaleb und Josua das Volk ermutigt, die Verheißungen Gottes in Anspruch zu nehmen und sich nicht vor den Riesen Kanaans zu fürchten, sondern im Vertrauen auf Gott das Land Kanaan einzunehmen. Als die Israeliten daraufhin im Glauben den Jordan überschritten, gab ihnen Gott den Sieg über die Völker des Landes.

Davids Mut wurde aber nicht nur bewundert. Er hatte auch Neider aus der eigenen Familie. Sein ältester Bruder Eliab, der noch immer eifersüchtig darauf war, dass David zum König gesalbt wurde und nicht er, tadelte ihn mit den Worten:

Warum bist du überhaupt hergekommen? Und wem hast du jene paar Schafe in der Wüste überlassen? Ich erkenne deine Vermessenheit wohl und die Bosheit deines Herzens; denn du bist ⟨ja nur⟩ hergekommen, um dem Kampf zuzusehen.

1. Samuel 17,28

Auch Saul gehörte zu den Zweiflern. Als man ihm berichtete, dass sich ein Mann gefunden hatte, der bereit war mit Goliath zu kämpfen entgegnete er David:

Du kannst nicht zu diesem Philister gehen, um mit ihm zu kämpfen. Denn du bist ein junger Mann, er aber ist ein Kriegsmann von seiner Jugend auf.

1. Samuel 17,33

Davids Glaube traf also auf Unglaube bei seinen israelitischen Brüder. Dennoch kannte und vertraute David seinem Gott. Als er nämlich auf der Weide seines Vaters die Schafe gehütet hatte, gab ihm Gott den Mut, Löwen und Bären in die Flucht zu schlagen und er war sich sicher, dass er ihn auch in dieser Situation verteidigen würde (1. Sam. 17,34-37).

Obwohl ihm Saul noch seine schlecht sitzende Rüstung überlassen wollte, nahm David nur 5 glatte Steine mit sich und trat Goliath entgegen. Als Goliath David sah, der in seinen Augen noch ein Kind war (David war zu diesem Zeitpunkt etwa 20 Jahre alt), wurde er ärgerlich darüber, dass Israel ihm keinen richtigen Mann geschickt hatte und verfluchte ihn. Doch David blieb fest im Vertrauen auf Gott und entgegnete ihm:

Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Kurzschwert. Ich aber komme zu dir mit dem Namen des Herrn der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, den du verhöhnt hast. Heute wird der Herr dich in meine Hand ausliefern, und ich werde dich erschlagen und dir den Kopf abhauen. Und die Leichen des Heeres der Philister werde ich heute noch den Vögeln des Himmels und den wilden Tieren der Erde geben. Und die ganze Erde soll erkennen, dass Israel einen Gott hat. Und diese ganze Versammlung soll erkennen, dass der Herr nicht durch Schwert oder Speer rettet. Denn des Herrn ist der Kampf, und er wird euch in unsere Hand geben!

1. Samuel 17,45-47

David kämpfte also in dem Namen des Herrn, während Goliath nur in seinem eigenen Namen und für seine eigene Ehre kämpfte.

Als sich Goliath schließlich näherte, schleuderte ihm David einen Stein an die Stirn. Daraufhin stürzte Goliath mit dem Gesicht zur Erde und David tötete ihn. Goliaths Tod löste solche Furcht in den Philistern aus, dass sie flohen und das Heer der Israeliten ihnen nachjagte (1 Sam. 17,52-54). Auf diese Weise schenkte Gott also dem Volk Israel seinen ersten großen Sieg durch David und die Israeliten hatte wieder eine Zeit lang Ruhe vor ihren Feinden.

Jesus ist David – Wir sind die Israeliten

Eine moralische Lesart dieses Textes würde uns jetzt an die Stelle Davids und unsere Kämpfe, unsere sogenannten persönlichen Goliaths, an die Stelle des Riesen setzen. Dabei würde eine solche Lesart darauf zielen, Davids Glaube und seinen Mut als Beispiele für uns herauszustellen, um uns dazu zu ermutigen diesen nachzufolgen. Da David tatsächlich großes Vertrauen in dieser Situation bewies und uns hier ein Zeugnis gelebten Glaubens gibt, ist es nicht falsch Davids Glaube nachzueifern. Allerdings sagt uns die Bibel, dass David weit mehr als ein Glaubensvorbild war. Er war ein Vorläufer des Messias, dessen Leben und Handeln Jesu Wirken vorausschattete. Das heißt Gott ordnete bestimmte Ereignisse und Situationen in Davids Leben so an, dass sie uns als Vorbild dessen dienen sollten, was Jesus bei seinem Kommen in vollkommener Weisen erfüllen würde. David ist also ein Bild auf unseren Herrn Jesus Christus und dieses Bild wollen wir uns jetzt im Folgenden näher anschauen.

Die Parallelen zwischen David und Jesus beginnen schon mit der Sendung des Vaters. Davids Vater Isai (übersetzt: „Jahwe ist“) sandte seinen Sohn, damit er sich um seine Brüder kümmerte und sie versorgte (1. Sam. 17,17-19). Das erinnert uns an die Rettungstat von Gott dem Vater, der seinen eingeborenen Sohn sandte, damit er sich unserer geistlichen Schwachheit und Unfähigkeit annahm.

Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter ⟨dem⟩ Gesetz, damit er die loskaufte⟨, die⟩ unter ⟨dem⟩ Gesetz ⟨waren⟩, damit wir die Sohnschaft empfingen.

Galater 4,4-5

Als David Goliath sah und sich nach der Belohnung für seine Erschlagung erkundigte, reagierten seine Brüder mit Unglauben und lehnten ihn ab. Sein ältester Bruder Eliab, der noch immer neidisch darauf war, dass er zum König über Israel gesalbt wurde, verwarf sein Rettungsangebot im Zorn (1. Sam. 17,28-29). Auch Jesus kam zu seinen Brüdern, dem ethnischen Israel und auch er wurde von ihnen abgelehnt. Gleich wie Eliab waren auch sie neidisch auf seinen Anspruch der gesalbte König zu sein und verwarfen ihn.

Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn, und die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an

Johannes 1,10-11

Es sprachen nun seine Brüder zu ihm: Zieh von hier fort und geh nach Judäa, dass auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust! Denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht ⟨dabei⟩ selbst öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt! Denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.

Johannes 7,3-5

Durch seinen Sieg über Goliath wurde David zum Befreier Israels. Sein einfaches Vertrauen auf den Herrn hatte ihn fähig gemacht, diesen scheinbar unbezwingbaren Riesen zu überwinden und seinen Kopf zu zermalmen (1. Sam. 17,50-51). Goliaths Rüstung, ein Schuppenpanzer (1. Sam. 17,5) erinnert dabei an unseren eigenen Feind Satan, die alte Schlange. Auch er trat, wie Goliath, 40 Tage lang vor Jesus in der Wüste auf und forderte ihn heraus. Und wie David stellte sich auch Jesus vor sein Volk und besiegte ihn stellvertretend für uns. Er zertrat ihm den Kopf durch sein Erlösungswerk am Kreuz.

Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachwuchs und ihrem Nachwuchs; er wird dir den Kopf zermalmen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.

1. Mose 3,15

Wir sind also an der Stelle Israels, das unfähig war, seine Feinde selbst zu besiegen und geistlich frei zu werden. Erst Jesu Sieg am Kreuz hat die Grundlage dafür geschaffen, dass auch wir den persönlichen Goliaths unseres Lebens in der Kraft Gottes entgegentreten und sie im Glauben überwinden können. Da Jesus nämlich den Tod am Kreuz für uns bezwungen hat, können wir den Riesen in unserem Leben (Krankheiten, Schicksalsschläge, Unrecht etc.) mit Zuversicht begegnen und sie im Vertrauen auf seine Kraft überwinden. Wir kämpfen in Jesu Sieg, den er für uns am Kreuz bereits errungen hat!